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mein Gewissen sprach laut genug. Ein Weib hatte sich mir
edelmütig anvertraut, und ich hatte sie belogen, indem ich ihr
sagte, daß ich sie liebe, als ich sie verriet. Einem armen Mädchen
hatte ich alle Schmerzen bereitet; nachdem sie die Demütigungen
dieser Welt auf sich genommen, mußte sie mir heilig sein; sie
starb, indem sie mir verzieh und all ihre Leiden vergaß, weil sie
sich, auf eines Mannes Wort verließ, der ihr sein Wort bereits
gebrochen hatte. Nachdem Agathe mir ihren Jungmädchenglauben
geschenkt, hatte sie in ihrem Herzen noch den Mutterglauben
gefunden, um ihn mir zu überlassen. Oh, mein Herr, dieses Kind!
ihr Kind! ... Gott allein kann wissen, was es für mich bedeutete!
Dies liebe kleine Wesen war wie seine Mutter anmutig in seinen
Bewegungen, in seinen Worten und seinen Gedanken; für mich
aber war es mehr als ein Kind! War es nicht meine Verzeihung,
meine Ehre? Es war mir als Vater teuer, ich wollte es noch lieben,
wie seine Mutter es geliebt haben würde, und meine
Gewissensbisse in Glück verwandeln, wenn es mir gelänge, ihm
den Glauben einzuflößen, daß es nicht aufgehört habe, am
Mutterbusen zu ruhen; so hing ich an ihm mit allen menschlichen
Banden und mit allen religiösen Hoffnungen. Mein Herz hat also
alle Zärtlichkeit besessen, die Gott in ein Mutterherz legt. Des
Kindes Stimme machte mich zittern, im Schlafe betrachtete ich es
mit einer immer neu entstehenden Freude, und oft fiel eine Träne
auf seine Stirn. Ich hatt' es daran gewöhnt, wenn es aufwachte, an
mein Bett zu kommen, um sein Gebet herzusagen. Wie viele süße
Gemütswallungen hat mir das einfache Gebet des: Vater Unser in
dem frischen und reinen Munde dieses Kindes verschafft! aber
auch wie viele schreckliche Aufregungen! Eines Morgens,
nachdem es: : Unser Vater, der du bist im Himmel9 gesagt hatte,
hielt es inne und fragte mich:
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: Warum sagt man nicht: unsere Mutter?9
Dies Wort schmetterte mich nieder. Ich betete meinen Sohn an
und hatte in sein Leben bereits mehrere Ursachen des Unglücks
gesät... Obwohl die Gesetze die Fehltritte der Jugend anerkannt
und sie beinahe geschützt haben, indem sie natürlichen Kindern
ungern eine gesetzliche Existenz geben, hat die Welt den
Widerwillen der Gesetze durch unüberwindbare Vorurteile
bestärkt. Aus dieser Zeit, mein Herr, datieren die ernsthaften
Erwägungen, die ich über die Grundlage der Gesellschaft, über
ihren Mechanismus, über die Pflichten des Menschen und über die
Moral angestellt habe, welche die Bürger beseelen muß. Zu
allererst überblickt das Genie jene Bande zwischen den Gefühlen
des Menschen und den Schicksalen der Gesellschaft; die Religion
flößt den guten Geistern die für das Glück notwendigen
Grundsätze ein; Reue allein aber diktiert sie den hitzigen
Phantasien: die Reue verschaffte mir Klarheit. Ich lebte nur für ein
Kind, und durch dies Kind wurde ich zum Nachdenken über die
großen sozialen Fragen veranlaßt. Ich beschloß, es persönlich von
vornherein durch Heranziehung aller Mittel zum Erfolge
auszurüsten, um sein Emporkommen sicher vorzubereiten. Also
ließ ich den Knaben Englisch, Deutsch, Italienisch und Spanisch
lernen, nach und nach umgab ich ihn mit Leuten dieser
verschiedenen Länder, die ihn von Kindheit an an die Aussprache
ihrer Sprache gewöhnen sollten. Mit Freuden sah ich glänzende
Anlagen in ihm, die ich benutzte, um ihn spielend zu belehren.
Nicht einen einzigen falschen Gedanken wollte ich in seinen Geist
eindringen lassen, vor allem suchte ich ihn frühzeitig an geistige
Arbeit zu gewöhnen, ihm jenen schnellen und sicheren Blick, der
verallgemeinert, und jene Geduld zu verleihen, die bis zu den
kleinsten Einzelheiten der Besonderheiten hinabsteigt; endlich
hab' ich ihn dulden und schweigen gelehrt. Ich erlaubte nicht, daß
ein unreines oder nur unsauberes Wort vor ihm geäußert wurde.
Infolge meiner Sorgfalt trugen die Menschen und die Dinge, mit
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denen er umgeben war, dazu bei, ihn zu veredeln, seine Seele zu
erziehen, ihm Wahrheitsliebe und Abscheu vor der Lüge
beizubringen und ihn einfach und natürlich in Worten,
Handlungen und Manieren zu machen. Die Lebhaftigkeit seiner
Einbildungskraft ließ ihn schnell die äußeren Unterweisungen
erfassen, wie die Fähigkeit seiner Intelligenz ihm seine anderen
Studien leicht machte. Welch eine hübsche Pflanze hatte ich zu
pflegen! Wieviel Freude haben die Mütter! Da hab' ich begriffen,
wie die seinige hatte leben und ihr Unglück ertragen können! Das,
mein Herr, war das größte Ereignis meines Lebens; und nun
komm' ich zu der Katastrophe, die mich in diesen Bezirk
geworfen hat. Jetzt will ich Ihnen also die gewöhnlichste
Geschichte, die einfachste von der Welt erzählen, die für mich
jedoch die schrecklichste war. Nachdem ich einige Jahre lang all
meine Sorgen dem Kinde gewidmet hatte, aus dem ich einen
Mann machen wollte, bekam ich Angst vor meiner Einsamkeit;
mein Sohn wurde größer, er mußte mich verlassen. Die Liebe war
in meiner Seele ein Existenzprinzip. Ich empfand ein
Liebebedürfnis, das, immer getäuscht, stärker wieder aufstand und
mit dem Alter wuchs. In mir ruhten damals alle Bedingungen
einer wahren Zuneigung. Ich hatte sowohl die Glückseligkeiten
der Beständigkeit, wie das Glück, ein Opfer in Freude zu
verwandeln, erprobt und verstanden, die geliebte Frau mußte
immer in meinen Handlungen und in meinen Gedanken
voranstehen. Ich fand Gefallen daran, in der Einbildung eine
Liebe zu empfinden, die jene Stufe der Gewißheit erreicht hatte,
wo die Gefühlserregungen zwei Wesen so sehr durchdringen, daß
das Glück in das Leben, in die Blicke und in die Worte
übergegangen ist und keine Erschütterung mehr verursacht.
Solche Liebe bedeutet dann fürs Leben, was das religiöse Gefühl [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]
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